Automatikgetriebe – Ölstandskontrolle
Automatikgetriebe – Ölstandskontrolle
In den ersten Jahrzehnten des Automobilen Zeitalters waren die Konstrukteure damit beschäftigt, das Steuern und den Umgang mit einem Automobil zu vereinfachen (das hat sich bis heute nicht geändert). In den ersten Jahren war es je nach Typ ein Kraftakt die einzelnen Fahrstufen des Getriebes einzulegen,. Was lag da näher, als einen Mechanismus zu entwickeln der die Arbeit des Schaltens übernehmen würde. Einen Durchbruch schaffte die von Oldsmobile so um 1940 entwickelte Hydramatik. Unzählige Verbesserungen wurden seitdem vorgenommen.
Obwohl Deutschland die eigentliche Geburtsstätte der ersten Automobile mit Ottomotor war, hatte man sich hier Zeit gelassen mit der Entwicklung einer Getriebeautomatik. Mercedes-Benz bot erst im Jahre 1955 den ersten Mercedes, einen 300c, mit einer 3-Gang Automatik an. Diese Automatik hatte einen hydraulischen Drehmomentwandler. Gefertigt wurde sie aber von der Detroit Gear Division of Borg-Wagner. Die erste von Daimler-Benz entwickelte und gebaute Getriebeautomatik hatte die Bezeichnung K4 A 025 und wurde ab 1961 produziert. Verwendet wurde diese Automatik in den Baureihen 108, 109, 111 und 113. Ausnahme waren die Modelle mit 8-Zylindermotor. 1971 wurde sie letztmals im 280 SL (Baureihe 113) verwendet.
Soviel zur Entwicklungsgeschichte der Getriebeautomatik. Nun wollen wir uns dem eigentlichen Thema zuwenden. Den Getriebe-Ölmessstab in der Hand, die Augen auf der MIN – MAX Markierung – oh Schreck – mir fehlen wohl einige Literchen ATF-Öl (Automatic Transmission Fluid), oder ??
Welche Automatik ist denn eingebaut? Was sagt uns die Bezeichnung? Die ersten automatischen Getriebe hatten Bezeichnungen wie K4 A 025 oder W4 A 040. Der erste Buchstabe steht für Flüssigkeits-Kupplung wie K, oder hydraulischer Drehmoment-Wandler für W. Die nächste Ziffer gibt die Anzahl der Vorwärtsgänge an. Der folgende Buchstabe die Versionsnummer. Die letzten 3 Zahlen geben das maximale Drehmoment an (x10) in Newton-Meter. Heute kennen wir bei Mercedes-Benz nur noch Bezeichnungen wie z. B. 722.315. 722 bedeutet automatisches Schaltgetriebe für Personenwagen. Die nächste Zahl gibt den Typ, die letzten geben die Version an. Eine Liste der in SL/SLC eingebauten automatischen Getriebe finden Sie weiter unten. (In der Fahrzeug-Datenkarte finden Sie die genaue Bezeichnung des eingebauten Getriebes).
Funktionsweise:

Abbildung 1 Getriebe 722.0, 722.1
Zwischen Motor und Viergang-Getriebe ist ein hydraulische Drehmomentwandler geschaltet, er überträgt das Drehmoment vom Mo
tor auf Schaufelräder. Bei laufendem Motor versetzt das mit dem Drehmomentwandler gekuppelte Pumpenrad das ATF-ÖI in eine Drehbewegung und schleudert dieses gegen das Wandlergehäuse. Dabei trifft das Öl auf das Leitrad, das den ATF-Strom in die vorgesehene Richtung lenkt, dadurch wird das mit dem Getriebe verbundene Turbinenrad in Drehung versetzt. Durch Zusammenschalten verschiedener Zahnräder unter Betätigung von Kupplungen und Bremsbändern durch das hydraulische Steuersystem wird die Übersetzungsänderung geregelt.
Wichtig! Bei der Kontrolle des Getriebeölstandes ist folgendes zu beachten:
- Das Fahrzeug muss fahrfertig auf ebenem Boden stehen.
- Feststellbremse betätigen
Abbildung 2, Getriebe 722.3, 722.4, 722.5
- Wählhebel in Stellung „P“, legen .in
- Motor läuft im Leerlauf mindestens 2 Minuten vor der Kontrolle
- Der Ölmessstab darf nur mit einem fusselfreien Lappen (am besten Leder) abgewischt werden. Geringste Verunreinigungen können Getriebe Schäden verursachen
- Der Ölstand ist Temperaturabhängig, nur bei betriebswarmem Getriebe (Getriebeöltemperatur ca. 80°C muss bei richtigem Ölstand, die Anzeige an der MAX – Markierung liegen, siehe Abbildung 3.
- Bei einer Getriebeöltemperatur von ca. 20 – 30°C muss der Ölstand je nach Getriebetyp unterhalb der MIN – Markierung liegen, siehe Abbildung 4 und 5.
- Nachfüllmenge zwischen MIN und MAX
- Markierung am Peilstab beträgt ca. 0,3 l.
- Verschlusshebel öffnen (Stellung A)
Abbildung 3
- Ölmessstab herausziehen, und mit fusselfreiem Lappen abwischen. Ölmessstab bei geöffnetem Verschlusshebel – voll eintauchen, wieder herausziehen und Ölstand ablesen.
- Nach erfolgter Messung oder Korrektur des Ölstandes den Verschlusshebel wieder umklappen (Stellung B)
- Bei größerem Ölverlust Ursache feststellen und beseitigen.
- Beurteilen Sie am Ölmessstab Verunreinigungen. Ist die Flüssigkeit schwarz oder riecht sie verbrannt, lässt dies auf einen Getriebeschaden schließen.
- Verwenden Sie nur Automatik-Getriebeöle die von Mercedes freigegeben worden sind, (Bezeichnung des ATF-Öls DEXRON B).
- Der Öl- und Filterwechsel ist alle 60.000 km vorgesehen.
- Bei zu niedrigem Ölstand wird von der Ölpumpe Luft angesaugt, was deutlich hörbar ist. Das Öl schäumt auf und führt bei der Ölstandskontrolle zu einem falschen Ergebnis.
- Motor abstellen, bis das Öl entschäumt ist (ca. 2 Minuten). Öl nachfüllen und nochmals Ölstand kontrollieren.
Abbildung 4
- Zuviel Getriebeöl muss unbedingt abgelassen oder abgesaugt werden, da sonst der Getrieberadsatz unnötig Panscharbeit leistet. Die Temperatur steigt auch an, bis das aufgeschäumte Öl über den Entlüfter ausgeworfen wird. Nach längerem Betrieb könnte das Getriebe Schaden nehmen.
- Fehlende Ölmenge sollte über einen gründlich gereinigten Trichter in das Führungsrohr des Ölmess-Stabes bei laufendem Motor eingefällt werden.
- Zum Absaugen von zuviel Öl eignet sich eine Plastikflasche die mit einem Schlauch versehen wird.

Abbildung 5
Wenn der richtige Ölstand erreicht worden ist, Betriebsbremse betätigen. Den Wählhebel in die Stellung R-N-D-N-R in jeder Stellung einige Sekunden belassen, und wieder in Stellung P bringen. Damit werden die Arbeitskolben der Servoglieder mit Öl versorgt. Nochmals Ölstand kontrollieren.
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Ohne ATF-Füllung im Drehmomentwandler und automatischen Getriebe darf weder der Motor laufen noch darf das Fahrzeug abgeschleppt werden |
- Ruckartige Schaltübergänge beim Einlegen einer Fahrstufe aus „N“ heraus, oder Kriechen im Leerlauf bei eingelegter deuten auf eine zu hohe Leerlaufdrehzahl.
- Wenn sich das Fahrzeug bei eingelegter Fahrstufe nach dem Loslassen der Bremse nicht Bewegung setzt, oder langgezogene, schleifende Schaltübergänge während der Fahrt bemerkt werden, könnte der ATF-Stand zu niedrig sein.
- Wenn bei Teilgas erst sehr spät hochgeschaltet wird, deutet dies auf einen vermutlich defekten Kickdown-Schalter hin.
Füllmengen
Typ | Modell | Getriebe | 20 – 30°C
(mm unter MIN) |
80°C | Neu- füllung |
Öl- wechsel |
280 SL | 107.042 | W4B025 1) (722.1) | 30 mm | MAX | 6,6 l | 5,3 l |
280 SLC | 107.022 | ’’ | 30 mm | MAX | ’’ | ’’ |
300 SL | 107.041 | W4A040 722.322 |
12 mm | MAX | 7,3 l | 6,2 l |
350 SL | 107.043 ab 6/72 | W3A040 2)
(722.0) |
30 mm | MAX | 7,9 l | 6,9 l |
350 SLC | 107.023 ab 6/72 | ’’ | 30 mm | MAX | ’’ | ’’ |
350 SL | 107.043 bis 6/72 | K4A040 3)
(722.2) |
20 mm | MAX | 6,8 l | 5,8 l |
350 SLC | 107.023 bis 6/72 | ’’ | 20 mm | MAX | ’’ | ’’ |
380 SL | 107.045 | 722.3 | 10 mm | MAX | 7,3 l | 6,2 l |
380 SLC | 107.025 | ’’ | 10 mm | MAX | ’’ | ’’ |
420 SL | 107.047 | 722.325 | 10 mm | MAX | 8,6 l | 7,7 l |
450 SL | 107.044 | W3B050 (722.0) |
30 mm | MAX | 8,9 l | 7,9 l |
450 SLC | 107.024 | ’’ | 30 mm | MAX | ’’ | ’’ |
450 SLC 5.0 | 107.026 | ’’ | 30 mm | MAX | ’’ | ’’ |
500 SL | 107.046 | 722.3 | 10 mm | MAX | 8,6 l | 7,7 l |
560 SL | 1107.048 | 722.3 | 10 mm | MAX | ’’ | ’’ |
1) W = Wandlergetriebe
2) 270 mm & Drehmomentwandler
3) K = Kupplungsgetriebe
Uwe Fengler/Marcel Weber
Bitte beachten: die Füllmengen variieren durch unterschiedliche Größen der Drehmomentwandler, Länge der Oelkühlerleitungen ect.
Wichtig: Die angegebenen Mengen sind und bleiben Zirkawerte. Die einzig richtige Methode ist, bei 80° C, laufendem Motor und Wählhebel in „P“ das Ölniveau ermitteln. Dies bedeutet, man muß mit dem Fahrzeug gefahren sein. Im Stand ist diese Temperatur nicht ohne „Festbremsen“ erreichbar.
Hinweis: Motortemperatur ist nicht identisch mit ATF-Temperatur!!!
Gerhard Schulz