Automobiltechnische Schlagworte…
… für Jedermann erklärt.
Warum von der Starrachse zur Einzelradaufhängung?
Einzelradaufhängung braucht man erst mal wegen (schon immer) schlechter Strassen. Starrachsige, schnelle Kutschwagen sind nur schwer zu bändigen. Der Konstrukteur hat so genügend Flexibilität für optimale (niedrige) Schwerpunktlage samt (hohem) Momentanzentrum (googeln) und geringen ungefederten Massen. Das gibt gute Bodenhaftung und wenig Seitenneigung. Außerdem lassen sich so Sturzgeburten vermeiden. Weil Einzelradaufhängungen leicht und raumsparend sind, kann man hinten auch schlaue Mehrlenkerausführungen am PKW unterbringen. Bei MB durch Manfred v.d. Ohe konzipiert, wird sie im Werk auch Raumlenker- oder Stängelesachse genannt. Beginnend mit dem W201wird sie seit 1982 in allen PKW verbaut. Die Lenker führen (und lenken) das Rad in jedem Betriebszustand optimal. Gewiefte Konstrukteure u.a. bei Alfa Romeo haben noch bis etwa 1998 hinten angetriebene Starrachsen als De- Dion Ausführung (googeln) gebaut, die ähnlich günstige Eigenschaften aufweisen.
Wozu sind Domstreben gut ?
In erster Linie für den Verkäufer. Wenn richtig dimensioniert und montiert auch gegen schlappe Vorderwagen oder gegen rabiate Motoren in Kammern, wo sie nicht rein gehören. Sie machen aus Wackelpudding ein hartes Brötchen. Im 107 so wichtig wie ein Doppelbett im Vatikan.
Feststellbremse, ist Hand- oder Fussbetrieb besser/sicherer ?
Erstmal gilt: Wer bremst verliert! Als reine Feststellbremse (dazu ist sie gedacht) hat der Fußbetrieb eindeutige Vorteile (Betätigungskraft, Bauraum). Weil man mit dieser Vorrichtung aber auch lenken kann (häh?), gibt der Handbetrieb mehr Gefühl, und in einem handgerissenen Mobil fehlte dazu noch das dritte Bein. Die rechtsgesteuerten 107er haben übrigens wie die Rally- Monster einen riesigen Handbremshebel auf der Mittelkonsole! Teile sind wohl noch lieferbar ;-))
Ungefederte Massen – was ist das und wo gibt es denn so was?
Natürlich am Auto – und üppigen Damen. Man(n) kann sich unschwer vorstellen, welches Schauspiel geboten wird, wenn eine rundliche Operndiva und ein magerer Model-Hering schnellen Schrittes eine Treppe nehmen. Es geht hier ausschließlich um die Physik der Schwingungen ungefederter Massen, und keineswegs um die Sensationen, an die der gewöhnliche Pennäler denkt! Die Diva muss zwingend umfangreiche Vorkehrungen treffen, damit die Veranstaltung nicht verunglückt, während der Hering selbst im unbewehrten Negligé immer noch eine gute Figur macht. Die ungefederten Massen eines Autos können natürlich nie den Liebreiz derselben in der Damenwelt bieten, aber auch dem Laien wird anschaulich, daß hier weniger mehr ist. Am Auto gilt: Alles Ungefederte hüpft und kollert unkontrolliert rum und muss mit viel Aufwand gedämpft werden. Alle Massen (Gewichte) der Räder, Aufhängungen und Bremsen sind ungefedert (wenn man von der geringen und tückischen Federung der Reifen absieht). Weil am Auto keine BHs gehen, muss der Konstrukteur sich am Hering orientieren, denn Masse, die nicht da ist, muss man auch nicht federn. Leichte Räder und innen liegende Bremsen wären ideal, aber das Volk will dicke Räder, und innen liegende Bremsen sind teuer und kompliziert in der Handhabung. Wieso bieten sich sogleich wieder Analogien an?
Wieso tragen Aluräder zum Fahrkomfort bei?
Weil sie schweineteuer sind (waren), das ist immer gegen Alles gut. Wirklich gut helfen die geringeren ungefederten Massen (ganz so wie die innen liegende Bremsen) eines Leichtmetallrades. Federung und besonders die Schwingungsdämpfung haben mit einem leichten Rad ein leichtes Spiel. Wüste Gewohnheitsheizer schätzen die Eindämmung der üblen Gerüche einer heissen Bremse, denn ein Alurad schafft (theoretisch) die Wärme schneller weg.
Warum haben sich innenliegende Bremsen nicht durchgesetzt (Alfa Romeo, Citroen)?
Erst mal, weil wir Teutonen von den Spaghettis und Franzmännern nix annehmen. Sie verringern zwar wirksam die ungefederten Massen, aber wenn das Differential sifft, iss et nich jut! Beim Wechsel der Bremsklötze erfindet man neue Worte, bei dem der Bremsscheiben neue Todesarten (für den Konstrukteur). Wer je einen 2CV oder Alfasud und/oder Alfetta hütete, wird mir immer noch, Verwünschungen ausstoßend, zustimmen.
Wer hat den Airbag/Sicherheitsgurt/ Knautschzone (und anderes) erfunden?
An allem war Bela Barenjy bei Daimler-Benz federführend beteiligt, aber richtig brave Kinder haben oft mehrere Väter.
Wieso Differential und Positronic?
Diese Frage geht an Perry Rhodan…
Was ist besser, Hubraum oder Drehzahl, und warum?
Es kommt darauf an. Grob gesagt: Hubraum macht Bums (Drehmoment), Drehzahl macht Pep (Leistung). Otto liefert nur so viel (Leistung), wie man ihm zuvor (Gemisch) eingeflößt hat, und da ist Hubraum klar im Vorteil und durch nichts zu ersetzen. Wenn dann noch Drehzahl dazu kommt, hat man einen richtig üppigen und komfortablen Antrieb. Wenn man nur mäßig Hubraum hat, braucht man jede Menge Drehzahl, um die gleiche Leistung zu bekommen. Das ist dann kein Bulle, sondern ein Giftzahn. Es gibt direkte Analogien zur weiblichen Anatomie und Befindlichkeit, die aber mit dem Thema nix zu tun haben. Besser ist beides, wenn man genug davon hat. Dickschiffe brauchen Hubraum, das gibt leise gepflegte Leistung, Feuerstühle brauchen Drehzahl, das gibt Sound und Biß und Good Vibrations. Und das alles ist Makulatur, wenn man einem modernen Diesel einen blasen (Füllung verpaßt) tut. Im Alltag pustet der dann jeden saugenden Otto mit oder ohne Hubraum/Drehzahl meist mühelos von der Straße. So ist das Leben, das Zauberwort heißt Mitteldruck, mal sehen ob da jemand was zu hören/sagen will/ kann… Heutzutage bläst man auch den Ottos was, s.u.
Wieso hat ein 500 vor 25 Jahren 245 und heute 500 PS, und wo ist das Limit?
In erster Linie, weil er mehr Gemisch verarbeitet. Das kommt erst mal von besserer Füllung (viele Nockenwellen und Ventile) und dann von einer raffinierten Sauganlage (Resonanz) gekoppelt mit variabler Ventilsteuerung. Das alles macht üppiges Drehmoment. Und weil das Ding auch noch höher drehen kann, macht das richtig Leistung – aber noch keine alltagstauglichen 500 PS. Da braucht man noch mehr Füllung, und die gibt es, wenn man Otto (so wie den Diesel) mit Nachdruck zwangsbeatmet. Inzwischen schaufeln dabei bis zu drei Turbolader Gemisch in die Brennräume. Das gibt Mitteldruck – s.o.. Solche Motoren in den damaligen leichten Autos verbaut, wären gut für eine Welt ganz ohne Weiber…! Ja, mechanisch sind moderne Ottos auch ein wenig raffinierter (verringerte die innere Reibung) und kommen neuerdings sogar mit weniger Zylindern und Hubraum, bei gleich hoher opulenter Leistung. Hinzu kommt eine genauere und effizientere Gemischbildung (Direkteinspritzung) und Verbrennung (Minderverbrauch). Aber das alles bringt nur einen Bruchteil im Vergleich zur Füllung. Enden wird das in (vermutlich unbezahlbaren) Koppelungen raffinierter Drei- Vierzylinder mit Elektromotoren, die für wilde Orgien kurzzeitig 700 PS und mehr liefern. Spätestens im Stör- und Diagnosefall wird man sich derb fluchend seinen alten dicken Sauger- Otto wünschen…
Leistung oder Drehmoment – oder besser beides?
Wir brauchen sie beide, ohne Drehmoment keine Leistung! Das Drehmoment macht die Kraft, die Otto über das Getriebe und die Hinterachse auf das Rad stemmt. Mit dieser Kraft wird die Fuhre von A nach B bewegt (das nennt man Arbeit). Wenn das in vernünftiger Zeit und noch vor dem Ableben des Fahrers geschieht, nennt man das eine (die) Leistung. Ganz wie im richtigen Leben, die Arbeit soll möglichst schnell erledigt werden, Leistung wird besser bezahlt. Beim Otto ist es der Zusammenhang zwischen Drehmoment (M) und Drehzahl (n), der die Leistung (P) macht. Als Konstrukteur muss man entscheiden: Drehwurm mit wenig Drehmoment (meist hubraumschwach), aber sehr hohem Drehvermögen (Rennmotor) und Bulle, der eher mühsam dreht aber massig Drehmoment stemmt, und beide liefern die gleiche Leistung. P = M * n steht dazu im Physikbuch. Mit welchem Motor lässt sich wohl im Alltag besser leben? Und wie kommt es nur, dass einem schon wieder Analogien zur Damenwelt in den Sinn kommen…? Ideal sind die, die M und n können – die kommen dann (nicht immer) aus Untertürkheim (und früher Milano).
Kann man Über- und Untersteuern auch anschaulich erklären?
Aber sicher! Man lässt drei in Spur und Radstand identische Autos mit exakt gleichem Lenkeinschlag rollen: Das übersteuernd ausgelegte fährt einen engeren Bogen (Kreisradius), das untersteuernde eine weiteren Bogen, nur das neutral ausgelegte, fährt genau den Kreisbogen (Radius), der zum Lenkeinschlag gehört. In der Praxis hat man es fast immer mit Mischformen zu tun. In gewissen Grenzen kann man das sogar mit dem Reifendruck beeinflussen. Wäre das nicht mal was für praktisches Versuchs-Fahren…? Anerkannte Fachleute wie W. Röhrl sagen: Mit Untersteuern sieht man den Baum (gegen den man knallt), mit Übersteuern hört man ihn (hinten einschlagen), und mit einem neutralen Auto fährt man einfach am Baum vorbei. Weil heutzutage ein raffiniertes ESP ständig den Lenkwinkel mit der Drehrate vergleicht und wenn beide nicht zusammenpassen, mit dem ABS System eingreift, hat das Thema an Reiz verloren. Werkstätten sehen das nicht so, Versicherungen schon. Ich finde, dass die edle Hand- und Fußwerkskunst so verloren geht.
kje