Reifenratgeber – kleine Felgenkunde
Umrüstung 14 Zoll auf 15 Zoll? Neue Reifen für den 107er? Nichts leichter als das – oder auch nicht…
Wer neue Reifen braucht, geht einfach zum nächsten Reifenhändler, und mit einem kurzen Blick in die Fahrzeugpapiere ist die Neuanschaffung i.d.R. kein Problem. Was beim Alltagsauto, abgesehen vom alljährlichen ersten Wintereinbruch, meist schnell und einfach funktioniert, klappt beim 107er immer weniger. Die Reifengrößen sind, zumindest bei Fahrzeugen die bis Juli 1985 gebaut wurden, nicht mehr überall und ohne weiteres erhältlich. Daher haben wir einmal alles Wissenswerte zu diesem Thema zusammengestellt.
Stahlfelgen / Leichtmetallfelgen
Alle 107er, also SL und SLC, waren ab Werk bis zur großen Modellpflege im Juli 1985 immer mit Stahlfelgen und in Wagenfarbe lackierten Metallradkappen ausgestattet. Nur der 450 SLC 5.0 und der 500 SLC hatten bereits serienmäßig die „Barock“-Leichtmetallfelgen. Der Rest konnte die Räder mit dem Ausstattungscode 640 gegen Aufpreis ordern. Ab August 1985 waren dann alle 107er ab Werk mit 15-Zoll-Leichtmetallfelgen („Gullideckel“) ausgerüstet. Während die späten Leichtmetallfelgen zumindest fahrtechnisch auch auf alle früheren 107er passen, kann man auf die späten 107er nicht die frühen 14-Zoll-Stahl- oder Barock-Leichtmetallfelgen montieren. Die vorderen Bremszangen am SL ab 8/85 wurden deutlich vergrößert und die früheren Felgen sind dafür zu eng. Auch die Stahlfelgen des späten 126ers passen am SL ab 8/85 übrigens nicht, -es wird immer wieder gerne etwas anderes behauptet.
Die Qual der Wahl Stahl / Barock / Gullideckel
Felgengrößen
Die Stahlfelgen (bis 7/85) haben immer die Größe 6,5 x 14 x H2 ET 30. Sie wurden nahezu baugleich für mehrere Mercedesbaureihen (auch bei den S-Klassen W108/109, W116, W126) angeboten und sind unter gleich zwei Ersatzteilnummern erhältlich: A 108 400 08 02 sowie A 126 400 07 02 (Preis 232,05 Euro). Die Besonderheit dieser Mercedes-Stahlfelgen ist der Lüfterring auf der Felgeninnenseite, der eine bessere Kühlung der Bremsen herbeiführen soll. Die Größe und Ersatzteilnummer bei den Stahlfelgen befinden sich in der Mitte auf der Felgenvorderseite. Der Hersteller ist Lem-merz in Königswinter. Keine Ersatzteilnummer und kein Mercedesstern bedeuten: KEINE Originalfelge.
Die Barock-Leichtmetallfelgen (bis 7/85) wurden für Mercedes von der Firma Fuchs produziert und haben ebenfalls immer die Größe 6,5 x 14 H2 ET 30. Auch für sie gibt es gleich zwei Ersatzteilnummern, da sie auch bei den S-Klassen baugleich verkauft wurden: A 108 400 10 02 / A 126 400 21 02 (Preis 690,20 Euro). Im Wesentlichen gab es nur einen Unterschied: Die 108er-Felgen müssen mit einem Metallventil montiert werden. In diesem Fall unbedingt das passende Ventil bei Mercedes mit der Teilenummer A 107 400 00 13 (Stückpreis 23,80 Euro) besorgen, da der Reifenhändler ohne dieses Spezialventil nicht weiterhelfen kann. Bei den 126er-Felgen ist das kein Problem (Ventil: A 000 400 02 13 zu 2,64 Euro). Diese 14-Zoll-Barockfelgen werden aufgrund der eingeschränkten Reifenverfügbarkeit übrigens für relativ kleines Geld gebraucht angeboten.
Die Leichtmetallfelgen ab 8/85 (wegen ihrer Optik auch „Gullideckel“, „Kanaldeckel“ oder „15-Loch-Felge“ genannt) haben einheitlich die Größe 7 x 15 H2 ET 25. Sie haben die Ersatzteilnummer A 126 400 30 02 (Preis 535,50 Euro). Hier handelt es sich um den einzigen Felgentyp der ausnahmslos auf alle 107er montiert werden kann. Allerdings sind sie eventuell nicht H-Kennzeichen fähig, ganz einfach, weil die späte Felge nicht ans frühe Modell gehört und das optisch sofort ins Auge springt.
Wichtig:
Zubehörfelgen sehen oftmals auf den ersten Blick wie Mercedesfelgen aus. Sie sind es aber nicht. Originale Mercedesfelgen tragen immer (!) den Mercedesstern und die Ersatzteilnummer (die Leichtmetallfelgen alle auf der Innenseite, nie außen). Fehlt diese oder ist auf der Felge eine andere Nummer und die Buchstaben „KBA“ zu erkennen, handelt es sich um einen Nachbau. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, rechtfertig aber nie den Preis des Originalteils.
Es gibt übrigens auch originale Mercedes Barock- und Gullideckel-Leichtmetallfelgen für andere Baureihen (W114 / W123 / W124 /
14-Zoll Stahlfelge mit Radzierblende in Wagenfarbe Serie bis 7/85 W201).
Diese haben andere Größen und Ein-presstiefen. Sie passen nicht auf den 107er, auch wenn sie auf den ersten Blick gleich aussehen und die Verkäufer gerne etwas anderes behaupten. Das ist insbesondere bei gebrauchten Rädern vom 124er und 201er der Fall, die aufgrund des massenhaften Angebots oft für ganz kleines Geld angeboten werden. Am 107er kann man damit nichts anfangen.
Distanzscheiben
Weil die Zubehörfelgen und Felgen anderer Modellreihen sich am 107er nicht montieren lassen, wird regelmäßig die Verwendung von Distanzscheiben empfohlen. Davor kann man nur warnen! Selbst wenn dieser Unsinn womöglich sogar von irgendwelchen unbedarften TÜV-Prüfern abgenommen wird, so ist festzustellen, dass sich die Fahreigenschaften des 107ers drastisch verschlechtern. Das Fahrzeug wird dadurch in vielen Fällen geradezu
Barock-Leichtmetallfelge bis 7/85 14 Zoll A 126 400 21 02 oder Maxilite 15 Zoll aus dem Clubshop für 150 Euro mit Versand!
unfahrbar. Angeblich „positive Erfahrungen bei anderen Modellen und Herstellern“ helfen uns hier nicht weiter: Der 107er ist keine C-Klasse und auch kein Golf…
Reifen bis 7/85:
280er bis März 1980: | 185 R 14 H (alternativ 195/70 R 14 H oder 205/70 R 14 H) |
280er ab März 1980: | 195/70 R 14 H (alternativ 205/70 R 14 H) |
alle anderen: | 205/70 R 14 V ab 8/85: |
300er | 205/65 R 15 H |
alle anderen: | 205/65 R 15 V |
H = bis 210 km/h, V = bis 240 km/h
Wichtig: Der Geschwindigkeitsindex (H/V) ist auch dann einzuhalten, wenn das Fahrzeug tatsächlich „nie so schnell gefahren“ wird oder
15-Zoll Leichtmetallfelge ab 8/85 (Serie) A 126 400 30 02
„diese Geschwindigkeit nur bergab“ erreicht. Jegliche Debatte darüber ist sinnlos und wer mit H-Reifen auf einem 8-Zylinder unterwegs ist, fährt ohne Zulassung und gefährdet seinen Versicherungsschutz. Bei manchen US-380ern ist offenbar auch ein H-Reifen eingetragen, dann gilt das natürlich.
Sonderproblematik 350/380/450/500er bis 7/85
Alle 8-Zylinder-Modelle bis 8/85 benötigen zwingend Reifen der Größe 205/70 R 14 mit dem Geschwindigkeitsindex V (bis 240 km/h), während der 280er (und nur der) mit H-Reifen unterwegs sein darf, die noch einigermaßen verfügbar sind. Die V-Reifen sind mittlerweile so gut wie nicht mehr erhältlich und wenn, dann nur zu geradezu absurden Tarifen (ca. 400 Euro pro Stück). Deshalb fahren zwischenzeitlich viele Fahrzeuge mit recht zweifelhaften Alternativen wie beispielsweise chinesischen
Radschrauben von links nach rechts:
- A 000 990 45 07 (3,83 Euro) M12 x 1,5 Länge 40 mm
für alle Mercedesstahlfelgen 1970 – 2000 A 126 401 0670 (nicht mehr lieferbar) M 12 x 1,5 Länge 52 mm - für die originalen Mercedes-Barockfelgen, stattdessen aus dem Zubehör: Febi 15997 (ca. 1 Euro)Schraube für 15-Zoll-Barockfelge von Maxilite (20 Stück zu 32 Euro im Clubshop)
- A 126 400 0070 (nicht mehr lieferbar) M12 x 1,5 Länge 92 mm für die 15-Zoll Leichtmetallfelge ab 8/85, stattdessen aus dem Zubehör Febi 15655 M12 x 1,5 Länge 61mm (ca. 2 Euro), jedoch ganz andere Optik, da Schrauben nicht mit der Felge bündig abschließen.
Billig-Winterreifen umher. Ganz abgesehen von der zumindest umstrittenen Sicherheit derartiger Produkte, sieht es doch schon reichlich seltsam aus, wenn ein ehemaliges deutsches Spitzenmodell auf Reifen von „Wang-Ling‘ oder „Kong-Fu‘ vorfährt.
Der Club hat daher schon länger nach einer vernünftigen Alternative Ausschau gehalten. Von vornherein stand die Umrüstung auf die späte Radgröße 205/65 R 15 im Fokus. Diese lassen sich ohne jede Abstriche an der Fahrsicherheit und bei allenfalls minimalen Veränderungen beim Komfort (das Fahrwerk wird eventuell etwas härter) problemlos auch auf den frühen 107ern fahren. Einzig die dann passende Felge ist abzuklären.
Möglich wäre die Montage der originalen Radnabendeckel
Links: A 107 400 0025 (11,31 Euro) für alle Barockfelgen (auch die von Maxilite) Rechts oben: A 201 401 0225 (nicht mehr lieferbar) für alle Leichtmetallfelgen ab 8/85, daher stattdessen
Rechts unten: A 220 400 0125 (13,80 Euro)
15 H2 ET 25 erhältlich. Diese wird in der geschmiedeten (die Zubehörfelgen sind durchweg gegossen) Version unter der Teilenummer A 126 400 22 01 verkauft. Der Stückpreis beträgt allerdings 654 Euro.
Vor diesem Hintergrund hat der Club mit der Firma Maxilite Kontakt aufgenommen, die eine Leichtmetallfelge in Barockoptik anbietet. Die entsprechen sehr genau den früher als Extra erhältlichen Felgen, werden aber in der Größe 7 x 15 H2 ET 23 angeboten. Auf diese können Reifen der Größe 205/65 R 15 montiert werden, die sowohl mit Geschwindigkeitsindex H (für 6-Zylinder) als auch V (für 8-Zylinder) problemlos verfügbar sind.
ginalen Stahlfelge in der Größe 7 x 15 H2 ET 25 mit der Teilenummer A 126 400 28 02 zu 142,80 Euro. Allerdings sind die dann erforderlichen passenden Radzierdeckel A 115 401 04 24 in 15-Zoll sehr selten, nur noch gebraucht erhältlich und extrem teuer, so dass der Vorteil der günstig verfügbaren 15-Zoll Reifen allein des
halb bereits wieder aufgehoben ist. Außerdem sitzen die Radzierdeckel mit deutlichem Abstand zum Felgenrand, was zumindest bei näherem Hinsehen schon etwas gewöhnungsbedürftig aussieht.
Auch eine 15-Zoll-Leichtmetallfelge ist von Mercedes im Barock-Design in der Größe 7 x
Zwar gibt es für diese Felge keine allgemeine Betriebserlaubnis, so dass dem Fahrzeugbesitzer der Gang zum TÜV (Dekra etc.) nicht erspart bleibt, dennoch erscheint der Aufwand sinnvoll, zumal damit die leidige Problematik mit den nicht mehr verfügbaren Reifengrößen dauerhaft vom Tisch ist. Im Anschluss dieses Beitrags hat Technik-Vorstand Günter Hoferer hierzu einige wichtige Hinweise zusammengestellt. Bei Fragen helfen die Technikreferenten des Clubs gerne weiter.
In jedem Fall ist der, exklusiv für Clubmitglieder ausgehandelte Preis, von 150 Euro pro Felge inkl. Versand ausgesprochen attraktiv. Hinzu kommen 32 Euro für einen Satz Radbolzen. Die 632 Euro für vier Felgen und 20 Schrauben sind also bereits beim ersten Reifensatz gespart, zumal der Preisunterschied zwischen einem 14-Zoll- und einem 15-Zoll-Reifen mindestens 250 Euro pro Stück (!) beträgt.
Auf die zahllosen Zubehörfelgen und Breitreifen soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Die Geschmäcker sind bekanntermaßen verschieden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist nur, dass die montierten Felgen und Reifengrößen entweder per Allgemeiner Betriebserlaubnis (ABE) oder per individuellen Eintrag in den Fahrzeugunterlagen zugelassen sein müssen. Hierzu erteilen die Prüforganisationen (TÜV, Dekra etc.), das Kraftfahrtbundesamt oder der Hersteller der jeweiligen Felge bei Bedarf Auskunft.
Oliver Klug
Zusatzinformationen: Maxilite Felgen 7×15 (MBBA715) Barockdesign
Aufgrund einiger Nachfragen, die uns erreichten, sowie verschiedener Halbwahrheiten, die im Umlauf sind, hier nochmals die wichtigsten Informationen zu den im Clubshop angebotenen Felgen Maxilite 7×15 (Modell: MBBA715):
- Das Angebot richtet sich an Besitzer von Vor-Mopf Fahrzeugen (bis Baujahr 8/1985), die Ihre Fahrzeuge von den Serienrädern 6 x 14 bzw. 6,5 x 14 auf 15 Zoll Räder umrüsten wollen. Während für die 14 Zoll Räder nur wenige (zudem teure) Reifen erhältlich sind, ist die Auswahl an geeigneten 15 Zoll Reifen vielfältig.
- Der Betrieb an modellgepflegten R107 (300SL/420SL/500SL ab 9/1985) wird nicht empfohlen, da aufgrund der Bremsanlage und der Einpresstiefe der Felgen (ET23) Distanzscheiben verwendet werden müssen. Die daraus resultierende Spurverbreiterung verändert das Fahrverhalten nachhaltig.
Zudem ist kein Teilegutachten für die Felgen zum Betrieb auf modellgepflegten R107 verfügbar. Das heißt, es ist in jedem Fall ein Vollgutachten nach §21 erforderlich. Mitunter entfällt bei Verwendung der
MBBA715 mit Distanzscheiben auf modellgepflegten R107 die Voraussetzung für die Erteilung des H-Status.
- Ein Teilegutachten für die Felgen (Nr. 366-
0223-15-WIRD-TG) des TÜV Austria für Vor-Mopf Fahrzeuge (280SL – 500SLC bis 8/1985) liegt im Mitgliederbereich unserer Homepage 107sl-club.de zum Download bereit und wird jedem Käufer mit der Rechnung zugesandt. - Für in Deutschland in Verkehr gebrachte Fahrzeuge der Baureihe R/C 107 ist eine Begutachtung nach §19 Absatz 3 StVZO (Änderungsabnahme) nötig. Diese Änderungsabnahmen können bei amtlich anerkannten Prüforganisationen, Sachverständigen oder Prüfingenieuren durchgeführt werden. Es wird geprüft, ob die Felgen richtig montiert wurden und die vorgegebenen Auflagen eingehalten werden. In der Anbaubescheinigung ist immer ein Hinweis enthalten, ob die Änderung in die Fahrzeugpapiere von der zuständigen Zulassungsbehörde eingetragen werden muss oder nicht. Falls nicht gefordert ist es ausreichend, die Anbaubescheinigung im Fahrzeug mitzuführen. Die Kosten für eine Änderungsabnahme sollten 50€ – 70€ nicht übersteigen.
- Für nicht in Deutschland in Verkehr gebrachte Fahrzeuge der Baureihe R/C 107 – darunter fallen alle re-importieren Fahrzeuge – ist ein Gutachten gemäß §21 StVZO in Verbindung mit §19 Absatz 2 StVZO (Einzelabnahme) erforderlich. Diese Einzelabnahmen werden ausschließlich vom TÜV (alte Bundesländer) bzw. von der DEKRA (neue Bundesländer) durchgeführt. Nach einer Einzelabnahme ist eine unverzügliche Änderung der Fahrzeugpapiere durch die zuständige Zulassungsstelle erforderlich. Hierzu ist das Gutachten vorzulegen. Für die Einzelabnahme sind Kosten in Höhe von 80€ – 120€ einzuplanen. Die Gebühren für die Änderung der Fahrzeugpapiere sind in den Gebührenordnungen der Zulassungsstellen individuell festgelegt.
- Die Verwendung der MBBA715 auf Vor-Mopf Modellen der Baureihe R/C 107 gefährdet den H-Status dieser Fahrzeuge nicht, da die Felgen vom Aussehen den originalen 15 Zoll Fuchs-Barockfelgen gleichen und diese als zeitgenössisch gelten.
Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass bei Verwendung der genannten Felgen die Nichtbeachtung der Punkte 4.) bzw. 5.) zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führt – mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Die Einholung der erforderlichen Gutachten nach §19 Absatz 3 StVZO bzw. §21 in Verbindung mit §19 Absatz 2 StVZO liegt in der Verantwortung des Fahrzeughalters bzw. Fahrzeugnutzers. Diesbezüglich lehnt der Mercedes-Benz R/C 107 SL-Club Deutschland e.V. jegliche Verantwortung und Haftung ab.
Günter Hoferer / Vorstand Technik